201306.25
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Verhalten bei Hausdurchsuchungen

Eine Hausdurchsuchung kommt nicht umsonst überraschend. Dennoch ist es äußerst wichtig, auch in dieser Stress-Situation Ruhe zu bewahren, besonnen zu reagieren und (auch wenn es schwerfällt) höflich zu bleiben. Was zu beachten ist, haben wir nachfolgend zusammengefasst.

1. Überprüfung der Formalien
Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss zeigen. Ist er älter als sechs Monate, brauchen Sie die Beamten erst gar nicht hereinzulassen. Lassen Sie sich aber in jedem Fall eine Kopie des Beschlusses für Ihre eigene Dokumentation aushändigen.

Der Durchsuchungsbeschluss muss schriftlich verfasst sein, eine Unterschrift des Richters enthalten, sowie konkrete Angaben zum Tatvorwurf und zur Tatzeit, zum Ziel und Zweck der Durchsuchung, der zu durchsuchenden Räume und zu den gesuchten Beweismitteln machen. Tut er das nicht, ist der Beschluss fehlerhaft und damit rechtswidrig. Es können Rechtsmittel gegen die Durchsuchung eingelegt werden.

Die Staatsanwaltschaft und die Steuerfahndung sind nur bei „Gefahr im Verzug“ berechtigt, ohne richterlichen Beschluss eine Durchsuchung vorzunehmen. In diesem Fall sollten Sie sich vorab genau informieren lassen, wieso nach Meinung der Beamten nicht genügend Zeit ist, um eine richterliche Anordnung einzuholen. Das kommt bei Steuerdelikten insbesondere dann in Betracht, wenn die Ermittlungsbehörden konkreten Anlass zu der Befürchtung haben, Beweismittel könnten demnächst beiseite geschafft oder vernichtet werden. Die Strafverfolgungsbehörden dürfen aber – wie das LG Leipzig entschied – die Ursache für eine angebliche Gefahr im Verzug nicht durch eigenes Handeln (oder eher eigene Untätigkeit) selbst gesetzt haben. Bei unzureichender Begründung sollte der Durchsuchung widersprochen werden, verhindern können Sie sie aber meist nicht.

Fragen Sie nach, ob Sie verdächtigte Person sind oder ob jemand anders verdächtigt wird. Das müssen die Beamten Ihnen vor Beginn der Durchsuchung mitteilen, damit Sie grundsätzlich wissen, worauf Sie sich einstellen müssen.

Lassen Sie sich die Dienstausweise der Beamten zeigen und notieren Sie Namen und ggf. die Kennzeichen der Dienstwagen.

2. Hinzuziehung des Steuerberaters oder Strafverteidigers
Wenn Sie die Beamten in die Wohnung oder Ihre Geschäftsräume lassen müssen, sollten Sie unverzüglich Ihren Steuerberater oder Rechtsanwalt Ihres Vertrauens kontaktieren. Keinesfalls darf man Sie am Telefonieren hindern. Denn ein Telefonat stellt keine Störung der Ermittlung nach § 164 StPO dar. Bitten Sie die Beamten, bis zum Eintreffen Ihres Beraters mit der Durchsuchung zu warten. Sie haben zwar keinen Anspruch darauf, oft kommt man diesem Wunsch aber dennoch nach.

Der Anwalt kann nach seinem Eintreffen dafür sorgen, dass keine Unterlagen beschlagnahmt wer¬den, die nicht beschlagnahmt werden dürfen.

3. Verhalten während der Durchsuchung
Sie sollten grundsätzlich einen höflichen und sachlichen Ton bewahren, um eine Eskalation der Situation zu vermeiden. Zeigen Sie sich kooperativ und hören Sie bei allem, was man Ihnen sagt, genau zu. Versuchen Sie keinesfalls irgendwelche Beweismittel zu vernichten oder verschwinden zu lassen, da dies als Verdunkelung gewertet werden und im Extremfall sogar eine Inhaftierung nach sich ziehen kann.

Lassen Sie sich keine Aussagen zum Sachverhalt entlocken. Auch „informelle“ Fragen, die Sie im scheinbar privaten Gespräch mit den Beamten beantworten, können im weiteren Verfahren gegen Sie verwendet werden. Sagen Sie am besten gar nichts oder nur Dinge, die Sie mit Ihrem Anwalt abgesprochen haben. Findet die Durchsuchung in Ihren Geschäftsräumen statt, weisen Sie auch alle Mitarbeiter, die als Zeugen in Frage kommen könnten, darauf hin, dass sie keine Aussage machen müssen. Für die Aussageverweigerung ist keine Begründung notwendig.

Bestehen Sie darauf, dass immer nur ein Raum durchsucht wird und die Durchsuchung nicht von mehreren Beamten in vielen Räumen gleichzeitig stattfindet. So behalten Sie besser den Überblick über das, was geschieht. Gemäß § 106 StPO dürfen Sie der Durchsuchung „beiwohnen“. Dieses Recht können Sie nur effektiv wahrnehmen, wenn Sie nicht an mehreren Stellen gleichzeitig anwesend sein müssen.

Sie sind nicht verpflichtet, beim Suchen bestimmter Akten etc. zu helfen oder mitzuteilen, wo sie sich befinden. Es kann jedoch sinnvoll sein, insoweit zu kooperieren, damit nicht „das ganze Haus auf den Kopf gestellt wird“.

Polizeibeamte und Steuerfahnder sind nicht befugt, Akten zu sichten. Dieses Recht ist der Staatsanwaltschaft vorbehalten. Deshalb sollten Sie auf die strikte Befolgung dieser Regel achten und darauf bestehen, dass die Akten in Ihrer Anwesenheit versiegelt werden. Ferner sollten Sie darauf achten, dass nur solche Akten beschlagnahmt werden, die ausdrücklich im Durchsuchungsbeschluss als Beweismittel aufgeführt sind. Sollten die Beamten Akten beschlagnahmen, die nicht im Durch¬su¬chungsbeschluss enthalten sind, können Sie deren Versiegelung und die Vorlage beim Ermittlungsrichter verlangen.

Generell sollten Sie sowohl der Durchsuchung als auch der Beschlagnahme jedes Beweismittels formell widersprechen. Dann kann Ihnen im späteren Verfahren nicht unterstellt werden, sie hätten die Beweismittel freiwillig herausgegeben (was im übrigen die Möglichkeit der Beschwerde nach § 304 StPO aushebeln würde). Achten Sie unbedingt darauf, dass Sie keine Formulare unterschreiben, aus denen sich etwas anderes ergibt.

4. Beschlagnahmeverzeichnis
Sie haben einen Anspruch auf ein genaues Verzeichnis aller beschlagnahmten Akten. Dieses muss Ihnen von den Fahndungsbeamten ausgehändigt werden. Sorgen Sie dafür, dass alle beschlagnahmten Akten, auf deren Inhalt Sie möglicherweise zugreifen müssen, kopiert werden. Dieses Recht steht Ihnen im Hinblick auf das Petitum der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung im Regelfall zu. Wenn die Akten nämlich erst einmal beschlagnahmt sind, kann es Wochen oder sogar Monate dauern, bis Sie sie wieder zurückerhalten.

5. Protokoll
Erstellen Sie unverzüglich (also wenn Ihre Erinnerung noch frisch ist) ein Protokoll über den genauen zeitlichen Ablauf sowie allen Aussagen, die Ihnen gegenüber gemacht wurden und die Sie möglicherweise selbst gemacht haben. Das Protokoll kann im weiteren Verfahren ggf. eine wertvolle Hilfe sein, um – noch im nachhinein – mögliche Formfehler aufzudecken und Rechtsmittel einzulegen. Es kann Ihnen auch helfen, in (vielleicht mehrere Monate) später folgenden Befragungen oder Verhandlungen exakt zu wissen, was genau Sie den Beamten bereits gesagt haben.

6. Weiteres Vorgehen
Soweit Sie nicht bereits vor oder während der Durchsuchung Ihren Steuerberater bzw. Rechtsanwalt kontaktiert haben, sollten Sie dies spätestens jetzt nachholen. Mit Ihrem Steuerberater sollten Sie besprechen, ob bzw. welche steuerlich relevanten Sachverhalte mit Hilfe der aufgefundenen und beschlagnahmten Unterlagen aufgedeckt werden könnten. Diese Analyse ist natürlich nur dann möglich, wenn Sie – wie oben empfohlen – über Kopien der relevanten Unterlagen verfügen. Soweit der Steuerberater zu dem Ergebnis gelangt, dass tatsächlich Steuerverkürzungen zur Debatte stehen, brauchen Sie den Rat eines kompetenten Rechtsanwalts bzw. Strafverteidigers, um eine sinnvolle Strategie für das weitere Vorgehen zu erarbeiten und eine wirksame Vertretung Ihrer rechtlichen Interessen zu gewährleisten.